Studie zur Lebensqualität historischer Klein- und Mittelstädte

Schwerpunkt der wissenschaftlichen Projektarbeit war eine methodische Studie zur Messung städtischer Lebensqualität mit dem Fokus auf den Einfluss kulturellen Erbes. Sie wurde federführend von den drei wissenschaftlichen Projektpartnern in Zusammenarbeit mit den Partnerstädten durchgeführt.

Der Studie lag die Annahme zugrunde, dass historische Klein- und Mittelstädte mit ausgeprägtem baukulturellem Erbe eine spezifische Lebensqualität bieten, die sie von größeren Stadttypen unterscheidet. Die zweite Grundannahme besagt, dass einschlägige Städterankings und städtische Lebensqualitätsstudien üblicherweise nicht hinreichend die Vorzüge von historischen Klein- und Mittelstädten berücksichtigen, sondern vorrangig Merkmale von wachstumsgetriebenen Großstädten aufgreifen. Es liegt nahe, dass das wiederholt schlechte Abschneiden in medial stark rezipierten Städterankings zu einer negativen Außen- und Innenwahrnehmung der kleineren Städte – zumal solcher in peripheren Lagen – beiträgt und damit problematische Entwicklungsdynamiken verstärkt.

Ziel der Studie war es, nach der Überprüfung und Bestätigung der Annahmen, zu einer angepassten Erhebungsmethodik städtischer Lebensqualität beizutragen. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Beitrag des baukulturellen Erbes der Zentren historischer Klein- und Mittelstädte im ländlichen Raum. Aus der Zielstellung leiteten sich die folgenden Forschungsfragen ab:

1. Was sind die spezifischen lebensqualitätsrelevanten Merkmale von Klein- und Mittelstädten mit ausgeprägtem baukulturellem Erbe?

2. Inwieweit werden die lebensqualitätsrelevanten Merkmale dieser Stadttypen in der bisherigen städtischen Lebensqualitätsforschung insbesondere in Deutschland und Polen berücksichtigt?

3. Wie ließe sich der Beitrag der baukulturellen Merkmale dieser Stadttypen zu deren Lebensqualität erheben und messen?

Diesen Fragen ging das interdisziplinäre Forscherteam zunächst mit Literaturrecherchen, der Analyse städtischer Lebensqualitätsstudien, Expertenkonsultationen aus den Bereichen Lebensqualitätsforschung und Statistik, Klein- und Mittelstadtforschung sowie Stadterneuerung und Kulturerbeerhalt nach. Die Ergebnisse dieser ersten Forschungsphase wurden in zehn Fokusgruppengesprächen mit Vertretern der Stadtgesellschaften der Partnerstädte diskutiert sowie ortsspezifisch differenziert und untersetzt.

Tatsächlich zeigte sich, dass die historischen Innenstädte der Klein- und Mittelstädte einen wesentlichen Beitrag zur besonderen Lebensqualität dieser Stadttypen leisten. Als besonders bedeutend erwies sich im Projektgebiet das Potential der historischen Innenstädte mit ihrem baulichen und damit assoziierten immateriellen Kulturerbe eine identitätsstiftende und sozialintegrative Wirkung zu entfalten. Auch bestätigte sich, dass dieser Beitrag sowie stadträumliche und baukulturelle Qualitäten in medienwirksamen städtischen Lebensqualitätsstudien wenig Berücksichtigung finden. Weitere Ergebnisse können sie den Strategieempfehlungen aus dem Projekt und anderen Publikationen entnehmen.

Im Ergebnis leistete die Studie einen Beitrag zum Feld der Lebensqualitätsforschung. Erste Ansätze für Indikatoren zur Messung des Beitrags des (bau)kulturellen Erbes zur städtischen Lebensqualität in den untersuchten Stadttypen gilt es, in weiteren Forschungen zu testen und weiter zu entwickeln. Gleichzeitig war die Studie ein integraler Bestand des Projekts REVIVAL!, da sie als Grundlage der Strategieempfehlungen zur Nutzung des städtischen Kulturerbes für eine hohe Lebensqualität und nachhaltige Entwicklung der historischen Klein- und Mittelstädte im Projektgebiet diente. Nicht zuletzt trug die partizipative Forschungsarbeit zur Bewusstseinsbildung für die Bedeutung des gemeinsamen Kulturerbes im Projektgebiet bei.

Eindrücke vom Expertenworkshop mit Dr. Susana Garcia Diez, Prof. Ewa Korcelli-Olejniczak, Dr. Magdalena Szmytkowska, Prof. Dr.-Ing. Uwe Altrock, Dipl.-Ing. Boris Harbaum am 3. und 4. Juni 2019 am Institut für Regionale Entwicklung (IRT) in Wrocław, (Foto: REVIVAL/IÖR-Media)